Ist Gesundheit Verhandlungssache?

08.01.2025

Der Zugang zu Gesundheitsversorgung als grundlegendes Menschenrecht garantiert noch lange nicht gute Chancen auf ein gesundes Leben. Barrieren wie soziale Herkunft, Einkommen, Sprache lassen Gerechtigkeit weniger als ein Zustand, den wir erreichen und bewahren können, und vielmehr als ein dynamischer Prozess erscheinen. Wohin dieser Prozess führen soll, muss durch gesellschaftliche Debatten ausgehandelt werden. Das Ergebnis ist zwangsläufig ein Kompromiss – zwischen dem, was idealerweise wünschenswert ist, und dem, was praktisch umsetzbar bleibt. Gesundheit ist damit Verhandlungssache, formuliert Jörg Menche vom Ludwig Boltzmann Institut für Netzwerkmedizin sowie von der Fakultät der Mathematik. Zu seinen Forschungsschwerpunkten zählen netzwerkbasierte Ansätze für seltene Krankheiten sowie die Entwicklung neuartiger, auf virtueller Realität (VR) basierender Technologien für die Analyse großer genomischer Daten.

 

In seinem Gastbeitrag geht Jörg Menche auf die Herausforderungen und Potenziale im Umgang mit seltenen Krankheiten ein. Er erläutert, wie seine Forschung auch neue Perspektiven auf häufigere Erkrankungen eröffnet und welche Rolle Technologien wie künstliche Intelligenz und Virtual Reality dabei spielen können, Gesundheit gerechter zu gestalten. Im Labor sind diese Technologien (künstliche Intelligenz und Virtual Reality) bereitst implementiert, so können wir tief in komplexe molekulare Netzwerke eintauchen, Störungen analysieren und visuell darstellen. Ein zentrales Ziel ist es, die Diagnose von seltenen Erkrankungen zu beschleunigen. Über 50 Prozent aller Patient*innen mit einer solchen Erkrankung sind noch ohne präzise Diagnose, obwohl diese Voraussetzung für eine gezielte Therapie ist. Für über 95 Prozent der Patient*innen mit einer seltenen Erkrankung existiert momentan gar keine spezifische Behandlung. Statt die molekularen Ursachen anzugehen, werden nur die Symptome behandelt. Auch in diesem Bereich wird nach innovativen Ansätzen gesucht. Oft kann auch Medikamente bei seltenen Erkrankungen erfolgreich eingesetzt werden, die für andere Krankheiten indiziert sind; Grundlagenforschung hilft dabei, Prinzipien in der Wirkweise von
Medikamenten zu entschlüsseln, die dann in vielen Erkrankungen Anwendung finden können.
Heutige Technologien erweitern sowohl die Debatte über Gesundheit und Gerechtigkeit als auch die damit verbundenen Möglichkeiten. Künstliche Intelligenz, Virtual Reality und Netzwerktheorie bieten neue Ansätze, um Krankheiten besser zu verstehen und so gerechtere Entscheidungen zu treffen. Doch auch diese Technologien sind ein Teil des Prozesses: Wie wir sie nutzen und wem sie zugutekommen, wird entscheidend dafür sein, wie gerecht das Gesundheitssystem letztlich sein kann.

Zum Abschluss der Semesterfrage lädt die Universität wieder zur gemeinsamen Diskussion in den Großen Festsaal: Am 13. Jänner um 18 Uhr möchten wir gemeinsam mit Ihnen Ansätze aus Wissenschaft und Praxis besprechen, um bessere Chancen auf ein gesundes Leben für möglichst viele zu schaffen. Personalisierte Therapien, Künstliche Intelligenz, eine solidarische Gesellschaft – was sind die"Gamechanger" für mehr Gerechtigkeit in Bezug auf Gesundheit?

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