Spannende Herausforderungen und neue Technologien. Tatjana Reichenbach hat mit ihrer eigenen Firma ihren Traumjob verwirklicht

21.09.2020
  •  Studium und wichtige Stationen des beruflichen Werdegangs

Dr. Tatjana Reichenbach absolvierte ein Diplomstudium der Mathematik an der Universität Wien mit Schwerpunkt Kombinatorik, bereichert durch Auslandssemester in San Diego und Paris. Anschließend Doktorat in BWL an der WU Wien mit einer Dissertation zur Bepreisung von Stromoptionen und deren Risikomanagement.

Der erste Job, im Logistik-Bereich eines großen Unternehmens, war noch nicht das Richtige. Der Entschluss, einen ihren Vorstellungen besser entsprechenden Aufgabenbereich zu suchen, hat sie aber bald in den Bereich der Unternehmensberatung mit Schwerpunkt Risikomanagement geführt, in dem sie ihre Berufung gefunden und in großen international tätigen Firmen (KPMG, Accenture, Sopra Steria, Capco) gearbeitet hat. Seit 2016 führt sie ihr eigenes Unternehmen.

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  • Welche Rolle spielt(e) das Mathematikstudium in Ihrem Berufsleben und wie ordnen Sie generell seinen Stellenwert am Arbeitsmarkt ein?

Die mathematische Ausbildung war und ist für mich in vieler Hinsicht wichtig. Mich begeistern noch immer die präzisen Regeln und Konzepte, kombiniert mit der enormen Freiheit und der Kreativität, die es manchmal braucht, um einen Satz zu beweisen. Logische Schlüsse ziehen zu können, große Zusammenhänge und Strukturen zu erkennen, aber auch zu wissen, was es bedeutet, etwas wirklich bis ins Detail zu verstehen – in meinem Berufsalltag brauche ich all diese Fähigkeiten. 

Generell sind Mathematiker*innen für ihre Lösungskompetenz geschätzt. Allerdings wird der klischeehafte Mathematiker, der introvertiert sein Süppchen kocht, auf Dauer wenig Akzeptanz finden. Und wer an allzu theoretischen Ansätzen hängt, wird es oft schwer haben, zu einer praxistauglichen Lösung zu kommen. Neben der fachlichen Kompetenz sind natürlich auch andere Skills sehr wichtig, in meiner Arbeit insbesondere Kommunikationsfähigkeit, emotionale Intelligenz und didaktische Fähigkeiten. 

Über das Studium hinaus sind dann in der Regel ohnehin spezifische Fortbildungen erforderlich. Ich bilde mich ständig weiter, gerade hinsichtlich Digitalisierung, Data Science, agiles Projektmanagement, Design Thinking, etc.

  • Was schätzen Sie an Ihrer derzeitigen Tätigkeit besonders?

Zu meinen Aufgaben zählt der Aufbau von Wissen in Künstlicher Intelligenz – das sind Methoden des maschinellen Lernens und insbesondere künstliche neuronale Netzwerke, die uns ermöglichen, Bild-, Audio- und Videodaten von Computern auslesen zu lassen. Theoretische Kenntnisse sind das notwendige Fundament, konkrete Anwendungsfälle, die einen wirtschaftlichen Mehrwert bringen, meine Herausforderung. 

  • Was raten Sie Mathe-Student*innen?

Suchen Sie während des Studiums Kontakt zu berufstätigen Mathematiker*innen und verschiedenen Unternehmen, machen Sie Praktika. Vielleicht können Sie die Masterarbeit oder Dissertation in konkreter Zusammenarbeit mit einem Unternehmen erstellen.

Das Studium an sich betreffend würde ich selbst rückblickend noch mehr Zeit an anderen Universitäten im Ausland verbringen und den Kontakt zur Universität halten, um Kooperationen von Forschung und Wirtschaft zu ermöglichen.

Es gibt sehr attraktive neue Berufsfelder für Mathematiker*innen, etwa Data Science und verwandte Themen. Das sind Berufsbilder der Zukunft. Da werden Fachleute gesucht, die Jobs sind gut dotiert und ich denke, dass diese Sparte viel zum Fortschritt beitragen wird.


Interview: Teresa Engelbrecht, Roland Zweimüller

Porträt von Tatjana Reichenbach